Mobbing – Wenn Schweigen gefährlich wird

Ständige Sticheleien, gezielte Ausgrenzung, unterschwellige Abwertungen – Mobbing am Arbeitsplatz ist für viele Beschäftigte trauriger Alltag. Was häufig als „Einzelfall“ abgetan wird, entpuppt sich bei genauerem Hinsehen als systematisches Problem mit erheblichen Folgen. Der „Mobbing-Report 2024“, veröffentlicht vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales in Kooperation mit der Universität Leipzig, liefert nun aktuelle und belastbare Daten zur Verbreitung und Wirkung von Mobbing in deutschen Unternehmen – und zeigt dringenden Handlungsbedarf auf.

Was ist Mobbing?

Mobbing bezeichnet ein wiederholtes, systematisches und über längere Zeit andauerndes Verhalten, das darauf abzielt, eine Person zu verletzen, zu demütigen oder auszugrenzen. Anders als bei alltäglichen Konflikten, die auf Augenhöhe stattfinden, geht es beim Mobbing nicht um einen einmaligen Streit. Vielmehr ist es ein strukturelles Ungleichgewicht – oft verbunden mit Machtgefälle und fehlender Unterstützung. Mobbing kann verbal, nonverbal oder durch aktives Ausschließen erfolgen. Dazu zählen z. B. abfällige Bemerkungen, Gerüchte, Ignorieren in Gesprächen, gezielte Informationsvorenthaltung oder ständiges Kritisieren auf persönlicher Ebene.

Warum Mobbing kein Einzelfall ist

In vielen Organisationen wird Mobbing als individuelles Problem betrachtet – dabei ist es häufig Symptom eines gestörten Systems. Überlastete Teams, unklare Zuständigkeiten, schlechte Führung oder toxische Unternehmenskulturen schaffen einen Boden, auf dem Mobbing entstehen kann. Oft trauen sich Betroffene nicht, etwas zu sagen – aus Angst vor Nachteilen oder weil sie denken, sie seien selbst schuld. Das Schweigen der Kolleginnen und Kollegen macht das Problem noch größer. Wer wegsieht oder schweigt, wird – ob gewollt oder nicht – Teil des Problems.

Die Folgen für Betroffene und das Unternehmen durch Mobbing

Die gesundheitlichen Folgen von Mobbing sind gravierend. Betroffene leiden unter psychischem Druck, entwickeln Schlafstörungen, Angstzustände, Depressionen oder psychosomatische Beschwerden. Die Motivation sinkt, Fehlzeiten steigen – im schlimmsten Fall kommt es zur inneren Kündigung oder einem tatsächlichen Arbeitsplatzverlust. Auch für das Unternehmen sind die Folgen spürbar: gestörte Teamprozesse, Produktivitätseinbußen, erhöhte Fluktuation und Reputationsverlust nach außen.

Mobbing erkennen – Verantwortung übernehmen

Führungskräfte tragen eine besondere Verantwortung. Sie müssen sensibel beobachten, wann ein Konflikt in Mobbing übergeht. Anzeichen können sein: eine auffällige Isolation einer Person, ständiges Kritisieren durch dieselben Kollegen, eine hohe emotionale Anspannung im Team oder das plötzliche Schweigen in Meetings. Ein klares Eingreifen ist dann notwendig – nicht im Sinne von Schuldzuweisungen, sondern durch Zuhören, Klären, Grenzen setzen und gegebenenfalls mit externer Unterstützung. Ein respektvoller Umgang im Arbeitsalltag sollte nicht dem Zufall überlassen werden, sondern aktiv vorgelebt und eingefordert werden.

Was Unternehmen konkret tun können

  • Klare Regeln und Werte vermitteln, z. B. in Leitbildern oder Verhaltenskodizes.
  • Ansprechpersonen benennen, an die sich Mitarbeitende bei Mobbingverdacht vertrauensvoll wenden können.
  • Führungskräfte sensibilisieren, wie sie Mobbing erkennen und angemessen reagieren.
  • Anonyme Umfragen nutzen, um die Stimmung im Unternehmen einzufangen.
  • Teamkultur aktiv gestalten, durch regelmäßige Reflexion, Feedbackformate und gemeinsame Wertearbeit.

Fazit

Mobbing ist kein Randthema – es ist ein ernstzunehmendes Signal, dass im sozialen Gefüge des Unternehmens etwas nicht stimmt. Statt die Augen zu verschließen oder es als „zwischenmenschliches Problem“ abzutun, braucht es Haltung, Verantwortungsübernahme und konkrete Maßnahmen. Nur so entsteht ein Arbeitsumfeld, in dem Menschen gerne, gesund und respektvoll miteinander arbeiten.