Stellvertreter werden unterschätzt
Stellvertreter werden in den Unternehmen noch zu selten ernsthaft benannt, organisatorisch eingebunden und die Aufgaben beschrieben. Insbesondere folgende Probleme betreffen Stellvertreter.
Komplexität der Entscheidungsbefugnis: Ein Stellvertreter übernimmt temporär alle Kompetenzen der abwesenden Person. Dies erfordert ein sensibles Abwägen zwischen eigenem Handeln und dem Bewusstsein, dass man Entscheidungen trifft, die der eigentliche Amtsinhaber möglicherweise anders getroffen hätte. Dies kann zu Unsicherheiten führen.
Vertrauen und Abstimmung: Für einen reibungslosen Ablauf muss der Stellvertreter das Vertrauen der vertretenen Person genießen. Gleichzeitig sind Abstimmungen mit Vorgesetzten und anderen Anspruchsgruppen wichtig, insbesondere bei tiefgreifenden und nicht rückgängig zu machenden Entscheidungen.
Anforderungen an die Vorbereitung: In vielen Fällen wird die Rolle des Stellvertreters nur selten ausgeübt, weshalb die betroffene Person oft nicht ausreichend auf unvorhergesehene Situationen vorbereitet ist, wie z. B. ein plötzlicher, dauerhafter Ausfall des Amtsinhabers. Dies erhöht den Druck, ohne ausreichendes Training schwierige Aufgaben zu bewältigen.
Systemkenntnis und Stabilität: Ein Stellvertreter muss das System sehr gut kennen, um in Krisen für Stabilität zu sorgen. Ohne diese tiefe Kenntnis kann es schwierig werden, nachhaltige Entscheidungen zu treffen.
Organisatorische Einbindung: Die Beziehung zwischen dem Stellvertreter und der vertretenen Person muss klar definiert sein, ob sie vertikal (d.h. der Stellvertreter ist dem Vertretenen unterstellt oder übergeordnet) oder horizontal (Personen auf derselben Hierarchiestufe vertreten sich gegenseitig) verläuft. Jede Variante hat ihre eigenen Herausforderungen, insbesondere bei der Koordination und der Kenntnis der aktuellen Geschäfte.
Kein Ersatz für Nachfolgeplanung: Eine Stellvertretung ist nicht dasselbe wie eine Nachfolgeplanung. Sie dient lediglich dazu, den Betrieb während einer Abwesenheit aufrechtzuerhalten, ohne langfristige personelle Veränderungen zu implizieren.
Die größte Herausforderung besteht also darin, dass der Stellvertreter in Krisensituationen schnell handlungsfähig sein muss, während er in der Regel nicht regelmäßig in diese Rolle schlüpft. Dies erfordert Vertrauen, detaillierte Systemkenntnis und die Fähigkeit, kurzfristig komplexe Entscheidungen zu treffen.